Die Ärztin
von Robert Icke, sehr frei nach „Professor Bernhardi“ von Arthur Schnitzler
Im Anschluss Nachgespräck im Salon, 1. Rang
Professor Ruth Wolff, Ärztin und erfolgreiche Leiterin einer Privatklinik, verwehrt einem katholischen Priester den Zugang zu einer 14-jährigen Patientin, die nach einem selbst durchgeführten Schwangerschaftsabbruch im Sterben liegt. Das Mädchen in Frieden und Ruhe sterben zu lassen, ist ihr wichtiger als der Wille der (abwesenden) Eltern, die den Priester aus der Ferne ins Krankenhaus beordert haben, um ihrer Tochter die letzte Ölung zu verabreichen. Ein Handyvideo von der Auseinandersetzung vor dem Zimmer der Patientin gelangt in die Sozialen Medien, woraufhin ein medialer Shitstorm losbricht, der Ruth Wolff ihre berufliche Karriere und die Privatklinik ihre Zukunft zu kosten droht. Ruth wird Rassismus vorgeworfen, denn der betreffende Pfarrer ist schwarz, zugleich sieht sie sich als säkulare Jüdin antisemitischen und frauenfeindlichen Ressentiments ausgesetzt. Medizinethische Fragen stehen Glaubensfragen gegenüber.
Der britische Dramatiker Robert Icke schärft Arthur Schnitzlers 1917 erschienenes Stück „Professor Bernhardi“ an heutigen Identitätsdiskursen und schafft dadurch eine ebenso spannende wie brisante Aktualisierung. „,Die Ärztin‘ ist wie eine Operation am offenen Herzen unserer Gegenwart, die immer komplizierter wird, je tiefer man schneidet“, schrieb die britische Tageszeitung The Times anlässlich der Uraufführung in London. Virtuos spielt Icke mit der Wahrnehmung seines Publikums. Anstatt eindeutige Antworten zu liefern, legt er es darauf an, eine mögliche Interpretation der Ereignisse durch Perspektivenwechsel immer wieder in Frage zu stellen und zu verändern.
Nach „Gott“ von Ferdinand von Schirach in der vergangenen Spielzeit, bringen wir hier ein weiteres Debatten-Stück auf die Bühne, das Denkprozesse am Puls der Gegenwart in Gang setzt und die eigene Position in Bezug auf brennende Fragen des gesellschaftlichen Diskurses schärft. Inszeniert wird „Die Ärztin“ von Anne Mulleners, die mit ihren Grazer Inszenierungen von Sam Steiners „Zitronen, Zitronen, Zitronen“ und Ella Roads „Die Laborantin“ debütierte.
Premiere: 10.12.2022

Besetzung
Team
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Regie:
Anne Mulleners
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Bühne und Kostüme:
Vibeke Andersen
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Kostümmitarbeit:
Chanagan Lehmann
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Licht:
Anton Oswald
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Musik:
Laurenz Aki Traar
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Video:
Michael Hartl
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Dramaturgie:
Franziska Betz