»Minna von Barnhelm oder die Kosten des Glücks« , Premiere am 08.11.2024
Minna liebt Tellheim und Tellheim liebt Minna. Es könnte so einfach sein! Doch die beiden stehen erst am Anfang ihrer Beziehung und naturgemäß stehen im Aushandeln einer solchen auch erst einmal die Kompromissfähigkeit des anderen und die eigene Autonomie auf der Probe.
Mit ihren klaren, aber durchaus verschiedenen Wertvorstellungen und Prinzipien erscheinen Minna und Tellheim einander liebenswert – doch als zu starre Maxime tragen diese auch Spreng- und Trennkraft in sich. Eigensinnig und wortgewandt ringen die beiden um ihre Selbstbestimmung und wollen dabei doch nichts sehnlicher als zueinanderkommen.
Tellheim ist aus dem Krieg zurück: verwundet, mittellos und wegen Korruptionsvorwürfen unehrenhaft entlassen. In seinem Stolz zutiefst verletzt, glaubt er, der Liebe seiner wohlhabenden Verlobten Minna nicht länger würdig zu sein. Minna ist durch Tellheims Zurückweisung getroffen, ersinnt dann kühn einen »Streich« (so nennt es Lessing) gegen ihn und spielt ihr Spiel, bis es für ein Happy End beinahe zu spät ist. Der Dramatiker lässt Minna bis zum Äußersten gehen – und zeigt damit wohlgemerkt nicht nur allein Tellheim in seinem berüchtigt gewordenen Starrsinn. Auch darin also nimmt er seine weibliche Protagonistin ernst und zeichnet das Bild eines Paares auf Augenhöhe: Erst wenn beide ihre Licht- und ihre Schattenseiten gezeigt haben, kann das Verwirrspiel zu seinem Ende kommen.
In Ulrike Arnolds Inszenierung ist die Anzahl des Original-Personals komprimiert: Es stehen sechs Schauspieler:innen auf der Bühne – drei potentielle Paare. Im von Franziska Bornkamm liebevoll und detailverliebt eingerichteten Hotel der Wirtin treffen diese Figuren wie in einer Versuchsanordnung aufeinander.
Die Grazer Konzeption sieht vor, dass beiden Hauptdarsteller:innen je eine weitere Rolle spielen: Tellheim begegnet der Minna-Spielerin als Witwe Marloff, die ihre Schulden bezahlen will. Minna begegnet dem Tellheim-Darsteller als Spieler Riccaut, der bei ihr Geld borgen will. In diesem höchst komischen Vexierspiel der Ebenen tun sich für die Figuren für einen kurzen Moment alternative Lebensentwürfe auf. Was, wenn ich in meinem Leben eine andere Entscheidung getroffen hätte? Wen sehe ich im Anderen, wen möchte ich gern sehen? Und wie viel Spiel steckt in uns bei jeder Begegnung?
In feinem Spiel und großer Konzentration auf die Schauspieler:innen (Anke Stedingk als Minna, Sebastian Schindegger als Tellheim) lotet das künstlerische Team um Ulrike Arnold höchst amüsant verschiedene Entwürfe von Liebe aus.
Fotos sind ab 8. November, 13 Uhr, online.
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Minna von Barnhelm oder die Kosten des Glücks
Lustspiel von Gotthold Ephraim Lessing
Minna von Barnhelm & Witwe Marloff: Anke Stedingk
Major von Tellheim & Riccaut de la Marlinière: Sebastian Schindegger
Franziska: Sarah Sophia Meyer
Paul Werner: Simon Kirsch
Wirtin: Annette Holzmann
Just: Thomas Kramer
Regie: Ulrike Arnold
Bühne: Franziska Bornkamm
Kostüme: Anna Lechner
Musik: Florian Rynkowski
Dramaturgie: Anna-Sophia Güther
Galerie
Deutsch von Anne Rabe
- Tessa: Anna Rausch
- Adaption für den Schauraum: Beatrice Benedek, Anna Rausch, Elisabeth Tropper, Hannah von Eiff
- Bühne & Kostüme: Hannah von Eiff
- Komposition & Sounddesign: Matthias Schubert
- Dramaturgie: Elisabeth Tropper
Nestroypreis 2012 in der Kategorie Beste Off-Produktion
- mit: Nikolaus Habjan
- Regie: Simon Meusburger
- Puppendesign: Nikolaus Habjan
Deutsch von Anne Rabe
- Tessa: Anna Rausch
- Adaption für den Schauraum: Beatrice Benedek, Anna Rausch, Elisabeth Tropper, Hannah von Eiff
- Bühne & Kostüme: Hannah von Eiff
- Komposition & Sounddesign: Matthias Schubert
- Dramaturgie: Elisabeth Tropper
Nestroypreis 2012 in der Kategorie Beste Off-Produktion
- mit: Nikolaus Habjan
- Regie: Simon Meusburger
- Puppendesign: Nikolaus Habjan
Deutsch von Anne Rabe
- Tessa: Anna Rausch
- Adaption für den Schauraum: Beatrice Benedek, Anna Rausch, Elisabeth Tropper, Hannah von Eiff
- Bühne & Kostüme: Hannah von Eiff
- Komposition & Sounddesign: Matthias Schubert
- Dramaturgie: Elisabeth Tropper
- mit: F. Wiesel
- Stellaris: Franz Solar
- Fortuna: Karola Niederhuber
- Amorosa: Sebastian Schindegger
- Lumapzivagabundus: Annette Holzmann
- Fludribus: Oliver Chomik
- Brillantine: Luiza Monteiro
- Hilaris: Željko Marović
- Leim: Clemens Berndorff
- Knieriem: Luisa Schwab
- Zwirn: Tim Breyvogel
- Musiker:innen: Leon Jereb, Anna Burova, Enora Yang
- Regie: Matthias Rippert
- Bühne: Fabian Liszt
- Kostüme: Johanna Lakner
- Musik: Robert C.A. Pawliczek
- Dramaturgie: Herbert Graf
- Licht: Anton Oswald
Donnerstag-Abo und Freier Verkauf, € 7 bis € 59
- mit: Matthias Ohner
- Regie: Ed. Hauswirth