Carmilla

Carmilla

Eine steirische Vampir-Satire

nach Sheridan Le Fanu

Ein abgelegenes Schloss in der Steiermark. Hier lebt Laura mit ihrem Vater. Als sie die rätselhafte Carmilla bei sich aufnehmen, ergreifen neuartige Gefühle von Laura Besitz: Zwischen den beiden Frauen deutet sich eine Liebesbeziehung an. Vater, Arzt, Pfarrer und Bedienstete sorgen sich um Laura wie um eine Patientin, die von einer geheimnisvollen Krankheit befallen ist. Carmilla dagegen wird als Vampirin tituliert. Ebenso grausam wie genregerecht endet Le Fanus Novelle von 1872 mit der Pfählung der vermeintlichen Vampirin. Sie gilt als Vorlage für Bram Stokers »Dracula« und damit als literarische Mutter zahlreicher weiterer Vampirgeschichten.

Vor dem Hintergrund heutigen Bewusstseins für Geschlechterzuschreibungen und Rollenklischees erscheint die männliche Erzählperspektive und die sich hieraus ergebende Darstellungsweise der Handlung erheiternd und schockierend zugleich. Das künstlerische Team und das Ensemble um Regisseurin Luise Voigt nehmen den Text daher zum Anlass, überkommene Narrative und Prägungen auf humorvolle Weise zu entlarven. Die Inszenierung spielt mit Pornofilmklischees und entwirft mit choreografischen und filmischen Mitteln eine Satire sexueller Fantasien. In der Novelle bereits angelegte Motive gewinnen an Schärfe und werden als heteronormative Sichtweisen herausgestellt.

Für die Beziehung zwischen Laura und Carmilla bietet die Inszenierung eine alternative Lesart an. Mithilfe von Bezügen zu feministischer Pornografie befreit sie Carmilla vom Image einer Vampirin und deutet ausgelöst durch die Begegnung der beiden eine utopische Welt an ohne verurteilende Zuschreibungen.

Auf einer assoziativ-dokumentarischen Ebene fließen Gedanken und szenische Improvisationen aus den Proben in den Abend ein. Sie lassen den Entstehungsprozess der Inszenierung transparent werden und geben Einblick in thematische Anknüpfungspunkte bei der Auseinandersetzung mit der Novelle.

Empfohlen ab 18 Jahren
Dauer: ca. 1 Stunde 40 Minuten, keine Pause

Einführung um 19:00 Uhr.

Premiere: 06.04.2024

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Regisseurin Luise Voigt über ihre Inszenierung

Pressestimmen

»Es geht ja dezidiert ums verzerrende Spiel mit Klischees. […] Gesangseinlagen, Pop quer durch den Krautacker, spielen eine wichtige Rolle und bringen Ironie und Parodie ein. […] Bei aller Überdrehtheit, Grellheit und lustvoll arrangierter Bizarrerie sorgt Regisseurin Luise Voigt also auch beinah oberlehrerhaft dafür, dass ja alle im Publikum in die richtige, feministisch und queer korrekte Richtung denken.« Nachtkritik.de, Reinhard Kriechbaum, 07. April 2024

 

»Für die Titelfigur (Annette Holzmann) interessiert sich Luise Voigt in ihrer Bearbeitung des Werks aber kaum. Ihr geht es um anderes, festgemacht an der Figur der jungen Laura (Anna Klimovitskaya) als Inbegriff gehorsamer, passiver Weiblichkeit. Von diesem viktorianischen Ideal zieht die Regisseurin und Medienkünstlerin die direkte Linie zur aktuellen Geschlechterdiskussion und damit zum männlichen Blick, der die Frau nach wie vor zum Objekt degradiert, was Voigt auch in den pornografischen Codes unserer Zeit abgebildet sieht. […] Die ganze Geschlechterdiskussion wird hier noch einmal ganz von vorn durchgenommen; man fühlt sich bald derart geschulmeistert, dass man fast vergisst, dass man sich eigentlich nicht schlecht unterhält.« Kleine Zeitung, Ute Baumhackl, 08. April 2024

 

»Hysterie, Verfolgung und Auslöschung – was Vampiren in Büchern droht, kennen auch lustvolle Frauen und queere Menschen. Dieses Faktum macht Luise Voigt in ihrer „Carmilla“-Adaption zum Thema. Obwohl man eigentlich nicht von einer Adaption sprechen kann, weil sie und ihr Team die Vorlage nicht einmal im Ansatz ernst nehmen. Vielmehr inszenieren sie auf der Bühne eine „Verschwörung gegen den Text“, nutzen alle Mittel der Überzeichnung, um die Rollenklischees comichaft ad absurdum zu führen. […] Was anfangs komisch ist, lutscht sich schnell aus.« Kronen Zeitung, Christoph Hartner, 08. April 2024

 

»Man kann sagen, sie [Regisseurin] mokiert sich über die grundgelegte männliche Fantasie, die die Sexualität einer Frau kontrollieren und sie als Lustobjekt für sich benutzen will. […] Carmilla bietet einige gute Momente, doch bleibt diese pervertierte Sex-and-Crime-Show, wenn auch genderpolitisch upgedatet, unterm Strich recht banal und langwierig.« Der Standard, Margarete Affenzeller, 08. April 2024

 

»Überhaupt wird viel Material ohne nachvollziehbaren Plan ins Spiel geworfen, Porno-Requisiten, Sitcom-Melodien, Comic-Ästhetik, Vampir-Historie, Dokuschnipsel aus den Proben via Screen, Videoprojektionen und, und, und. Diese „Anarchie“ auf der Bühne macht eine Zeit lang großen Spaß. Bei allem Interesse an diesem collageartigen Ansatz jenseits von Gefälligkeit hemmt die zunehmende Reizüberflutung leider die Neugier. […] Starke Szenen hat der Abend aber doch zahlreiche zu bieten. […] Fazit: Ein Abend mit guten Ideen und gelungenen Szenen, der viel will.« KUMA, Sigrun Karre, 08. April 2024

 

»Geschrien, gestöhnt, gehechelt und gefiepst ist schon das Intro, in dem Anna Klimovitskaya als lasziv unschuldige Laura mittels einer Orangenhälfte deutlich macht, dass die Regie ihren Youporn gelernt hat. Begleitet von einer erstklassigen, aber glaubwürdig betretenen Blaskapelle trifft sie wollüstig seufzend jeden Ton – auch den der Inszenierung. Darüber hat Ausstatterin Maria Strauch neugotische Bögen gespannt, die den Blick auf ein Alpenpanorama öffnen. In diesem Setting wird Le Fanus Geschichte dann verhandelt, nicht erzählt.« Theater der Zeit, Hermann Götz, 15. April 2024